Es ging in Mesum rund wie ein Lauffeuer. “Hast du schon gehört? Dr. Hermeler ist Karnevalsprinz!” “Nee?!?!?” “DOCH!!!!” “OOOOOOHHHH!!!” Die Gäste auf dem ausverkauften Festzelt waren doch ein wenig überrascht, denn damit hatte niemand gerechnet – gab es doch lange nicht mal einen Elferrat, bis sich die Mütter der Gardemädels bereit erklärten, diesen Job zu übernehmen – und diese Aufgabe mit Bravour erledigten.
Als die Sitzung durch den Eröffnungsgardetanz samt Zugabe der drei Solo-Mariechen Pia Deitmar, Femi Koepernick und Anni Schmees erfolgte, war die Bühne prachtvoll geschmückt und auch das Motto traf es auf den Punkt – ohne Mutti geht es nicht.
Die drei Jüngsten des Klein-Berliner Dorfkarnevals hatten vor ihrem Tanz noch eine kurze Rede vorbereitet, damit auch der vierte Kleine, zwar nicht so beweglich, aber genauso agil, die Bühne betreten konnte – der neue Sitzungspräsident und Schützenvereinsvorsitzende Tim Kösters, der von “Altpräsident” Christian Grothues auf die Bühne begleitet wurde. Und eben dieser in diesem Jahr sein 20-jähriges Jubiläum als Sitzungspräsident feierte. Nach einer kurzen Einführungsansprache hieß es dann endlich “Bühne frei” für den Elferrat unter der Leitung von Zeremonienmeisterin Nicole Stienemann, dem Prinzenpaar sowie für die große Garde.
Als Prinzenpaar wurden dann proklamiert: Prinz Ludwig I. von Zahn und Zange und seine Lieblichkeit, Prinzessin Christiane von Rezept und Tablette. Bevor Prinz Ludwig seine Antrittsrede halten konnte, übergab man das Mikrofon an zwei politische Schwergewichte, nämlich an den stellvertretenden Bürgermeister der Stadt Rheine, Karl-Heinz Brauer sowie an den hier deutlich bekannteren “Ortsbürgermeister” Josef Wilp, die in erfrischender Kürze an das Narrenvolk richteten. Die Rede unseres Prinzen hatte es dann in sich, denn er plauderte aus dem Nähkästchen, wie Christian Grothues sich auf die Suche nach einem Elferrat gemacht hat – und diesen dann in den Gardemüttern auch fand. Kurz und knackig dann die Paragraphen, die Zeremonienmeisterin Nicole Stienemann verlas. Mit viel Wortwitz und weiblichen Charme brachte sie es auf den Punkt, was man in den nächsten zwei Tagen vom Mesumer Narrenvolk erwarten würde.
Dann kam es zum ersten Gardetanz der fantastischen großen Garde, der das Zelt schon in den Anfangsminuten der Prunksitzung zum Beben brachte. Ganz großes Kino – diese Mädels samt Tanzmajor brauchen sich nirgendwo verstecken, das Publikum hielt es nicht auf seinen Plätzen.
Auch die erste Bütt des Abends war der Knaller – Urgestein Anke Sievers sowie Leonie Beike traten als Oma Liesbeth und Enkelin Lotte auf und sorgten für die eine oder andere Träne in den Augen der Gäste. Die Oma hatte es immer noch faustdick hinter den Ohren, denn im Gegensatz zu ihrer Enkelin wusste sie ja immer, wo sich ihr Mann aufhielt. Allerdings ist das als Witwe auch nicht ganz so schwierig. Das Senioren-Yoga aus dem Altersheim sorgte dann für großes Gelächter, denn aus der Übung “Kerze” wurde eine “Duftkerze” – denn spannt man an einer Stelle die Muskeln an, muss man gleichzeitig an anderer Stelle Muskeln lockern, was zu einem Ausbruch von Darmwinden führte. Oma Liesbeth hatte dann auch noch neue Schuhe an, die zu Blasen führten. Im Gegensatz zu Oma hatte die Enkelin Lotte kein Problem, ständig neue Schuhe zu bekommen – wie sie daran kommt, dass wird hier natürlich nicht verraten.
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Als nächster Büttakteur stieg dann Schmeesi vor das Mikrofon, während er von der – in diesem Moment unverschuldet planlosen – Zeremonienmeisterin am Ende des Zeltes gesucht wurde, ein kleines Abstimmungsproblem. Beide nahmen es, genauso wie die Sitzungspräsidenten mit viel Humor. Mit seiner Ukulele erzählte er drei Geschichten, von denen das Publikum die wahre von den erfundenen Geschichten unterscheiden sollte. War es die auf dem Friedhof, wo sich 400 Männer einen Hund vom Witwer leihen wollten, da dieser für den Tod von Frau und Schwiegermutter verantwortlich zeigte? Oder die, bei der ein deftiges Entfleuchen körpereigener Gase als Flirtversuch ausgelegt wurde? Oder doch die, wo sich der Sohn beim Vater die Taschenlampe leiht, damit dieser nicht so ein schreckliches Erwachen nach dem Knutschen im Dunkeln hat, wie es dem Vater ohne Lampe ergangen ist – man weiß es nicht!
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Danach zeigte die Jugendgarde ihr Können – und davon besitzt diese Truppe allerhand. Ein fescher Auftritt im Dirndl dieser 16 jungen Mädchen sorgte dafür, dass diese nicht ohne Zugabe die Bühne verlassen durften.
Der Klein-Berliner (Klaus “Klöse” Overesch) und sein Kompagnon aus “Groß”-Berlin (Michael Wältring) waren die beiden nächsten Strategen auf der Bühne. Neumodisch wie die beiden nun mal sind, ließen sie die Fragen nach dem Sinn des Lebens (und auch einige andere nicht so tiefgründige Fragen) von der KI (Künstlichen Intelligenz) beantworten. Hierbei stellte sich heraus, dass auch KI ihre Grenzen hat und nicht alles richtig beantworten kann. Um ihren Horizont zu erweitern, ließen es die beiden dann mit einer niederländischen Kräutermischung aus der Tüte krachen – WIR KIFFEN! Eine Persiflage auf das von unserem Gesundheitsminister geplanten Gesetzesentwurf. Auch hier wurden die Lachmuskeln bis an die Grenzen strapaziert.
Danach stellte sich ein neues Gesicht den Klein-Berliner Narren vor – Franz Reckers – der mit seiner Gitarre das Publikum in seinen Bann zog. War es zu Beginn des Auftritts noch etwas lauter auf dem Zelt, wurde es doch zügig ruhiger, denn seine selbst gedichteten Lieder trafen genau den Zahn der Zeit – und die Probleme des Mesumer Ortslebens. “Was geht es mich an, es geht mich gar nichts an, ich singe nur ein Lied davon!” Dieser Refrain saß (und sitzt wahrscheinlich immer noch) dem einen oder anderen Zuhörer noch tief im Ohr. Auch er durfte natürlich nicht ohne Zugabe die Bühne verlassen. Hiervon gerne mehr!
“Neptungarde – was ist das denn?” fragte sich so manch anwesender Narr, als Sitzungspräsident Christian Grothues die nächste Truppe ankündigte. Zwar gab es in den vergangenen Wochen auch Hochwasser in Klein-Berlin, dass es dem einen oder anderen Alpaka den Unterbiss verschob, aber Neptun hatte man hier wahrlich noch nicht gesehen! Die Neptungarde setzt sich aus Teilen der alten, im letzten Jahr ausgeschiedenen Tanzgarde sowie aus Teilen des Männerballetts zusammen – und somit ebenfalls erfahrende und getestete Klein-Berliner Karnevalisten, die einen blitzsauberen Auftritt hinlegten – was natürlich mit frenetischen Zugabe-Rufen gefeiert wurde.
Vor dem zweiten Gardetanz wurde geschunkelt und natürlich auch die Tanzband der Freiwilligen Feuerwehr Rheine, Löschzug Mesum führ ihr Mitwirken geehrt und mit einem Ordnen versehen.
Es folgte der Hauptact einer jeden Mesumer Karnevalssitzung – die Starparade kam -und feierte gleichzeitig noch ihr 30-jähriges Bühnenjubiläum. Hierfür wurden auch ein paar ehemalige Mitglieder reaktiviert, so freute man sich auf den “Pyromanen” Martin Becker, dessen Feuerwerkskünste und schauspielerischen Einlagen immer noch auf dem gleich hohen Niveau sind, wie es zu seiner aktiven Zeit dort waren.
Aber auch Oliver Büscher hat nichts verlernt – von rockig-romantisch als Heinz-Rudolf Kunze bis hin zu ulkig als Mike Krüger mit dem Song Bodo mit dem Bagger – ein grandioser Auftritt eines Starparaden-Rentners.
Zum Schreien komisch und nicht zu toppen war allerdings Uta Wedi, ehemals Bober, die als Ricky mit dem Popsofa vor vielen Jahren bereits die Gäste zum Weinen brachte – wenn auch vor lachen – sie trat auf, als hätte sie in der Zwischenzeit nie etwas anderes gemacht.
Natürlich darf man die anderen Mitglieder hier nicht vergessen – jeder war, so wie er aufgetreten ist – exzellent, denn sonst hätte das Publikum nicht auf den Stühlen gestanden, auch der Mittelgang war fast bis zur Bühne blockiert. Was durfte natürlich nicht fehlen? Eine Zugabe – auch hier wieder Darbietungen vom Feinsten, bevor Christian Grothues die ausverkaufte 56. Sitzung des Klein-Berliner Karnevals beendete.
Die Prunksitzung am Samstag war dann auch fast ausverkauft, man freute sich über viele gern gesehene Gäste, wie zum Beispiel die IG Menschen mit Behinderung aus Mesum und weitere befreundete Gastvereine. Für viele jüngere Gäste war dann das Beer-Pong-Turnier das Highlight, bei dem 16 Teams gegeneinander antraten und um ein Fass Wasser kämpften, welches in einer nahegelegenen Brauerei fachmännisch aufbereitet wurde. Sieger wurde hier das Team TwoBoysOneCup, bestehend aus Lennox Luis Kipp und Jan Marshalk. Zweiter in dem spannenden Finale wurden die “Alkohooligans”, bestehend aus Fabio Kösters und Lina Lahrkamp. Dritter wurde das Team SK Lation, bestehend aus Timo Sterthaus und Nils Schuhmann.
Nach der Siegerehrung wurde noch tief in die Nacht auf einem proppevollen Zelt getanzt – der Abschluss einer hervorragenden Karnevalsfests.