Superstimmung und Riesenshow beim Klein-Berliner Karneval

Die Dorfkarnevalisten hielten im bis auf den letzten Platz gefüllten Festzelt ihr Wort vom „Karneval der Überraschungen 2020“ und präsentierten eine Galasitzung mit Superstimmung und verblüffenden Auftritten. Eigentlich sollte ja nach den Vorstellungen der Dörfler das Jahr 1 einer neuen Ära gemeinsamen Karnevals von Dorf und Feld gefeiert werden. Daraus gelang nicht, bedauerten die Sitzungspräsidenten Christian Grothues und Martin Hüls bei ihrer Begrüßung. Denn bekanntlich wurde aus dieser Fusion nichts, weil man jenseits der Bahn anders gedacht habe. Dieses Scheitern erwies sich anschließend als ein gefundenes Thema für die Bütt.

Christian Grothues (l.) und Martin Hüls (r.) präsentierten das Dreigestirm

Gleich Bürgermeister Peter Lüttmann hinterfragte dazu in seiner kurzen Proklamationsrede witzelnd-sinnierend, ob da vielleicht etwas nicht zusammenkam, was gar nicht zusammen gehört habe. Er überreichte aber gern den Schlüssel an die neuen Regenten. Unterstützt wurde er dabei traditionell in Mesum von einem Dreigestirn, zu dem noch der „Mesumer Bürgermeister“ Josef Wilp und der stellvertretende Bürgermeister Udo Bonk gehören. Sie trafen diesmal, und das war die erste gelungene Überraschung des Abends, auf ebenfalls ein Dreigestirn mit Prinz Christian (Schmees), Jungfrau Anne (Deitmar) und Bauer Tim (Kösters). Dazu hatte sich der Prinz eine weitere Überraschung einfallen lassen: Er verpackte seine Rede in einen feinen Song zum Mitsingen und Schunkeln. Das kam beim Publikum großartig an, denn alle stimmten spontan in den Refrain ein: „Wir sind Mesum, wir sind Klein-Berlin!“

Bürgermeister Peter Lüttmann überreichte den Schlüssel an das Dreigestirn mit Bauer Tim, Prinz Christian und Jungfrau Anne
Bürgermeister Peter Lüttmann überreichte den Schlüssel an das Dreigestirn mit Bauer Tim, Prinz Christian und Jungfrau Anne
Die neue Große Garde überzeugte in ihrem ersten Jahr auf der Bühne

Dann folgte alsbald der nächste überraschende Coup der Dorfkarnevalisten: In die Bütt stiegen als Duo Pastorin Britta Meyhoff und Pastor Thomas Hüwe und lieferten eine urkomische und pointiert-feinsinnige „geistliche Bütt mit konfessionsübergreifendem Humor“, wie Sitzungspräsident Grothues angekündigte. Als 80-Jährige kamen sie mit protestantisch-schlicht und katholisch-gold dekorierten Rollatoren und ließen diese als Gag vom Bürgermeister auf die Bühne hieven. Dann wagten beide humorvoll-satirischen einen Blick in „30 Jahre Zukunft“ und sahen dabei nicht nur „auf die Kirche, sondern auch auf Dorf und Feld“. In ihre Voraussagen mengten sie gnadenlos zum Ergötzen des närrischen Publikums das Klimaproblem („Es sollte dann nur noch ein Kirchenhaus geben, um Energie und Abgase zu sparen!“) und setzten sich für eine Ökumene nicht nur zwischen den Christen, sondern auch in Dorf und Feld ein: „Nicht spalten, sondern zusammenhalten.“ Es kam, wie es kommen musste: Das jubelnde Volk erklatschte eine bereitwillig gewährte Liedzugabe, umformuliert von einem bekannten Schlager: „Im Rollator vor mir fährt ein …“

Gleich zweimal war Bürgermeister Peter Lüttmann auf der närrischen Bühne im Einsatz. Zum einen war es die Prinzenproklamation als „amtliche Pflichtaufgabe“, dann erwies er sich als flotter Dienstleister: Er hob den Rollator für Pastorin zu deren Büttauftritt auf die Bühne. Auch im Karneval ganz Kavalier …
Pastorin Britta Meyhoff und Pastor Thomas Hüwe sorgten für viel Spaß in der Bütt

Zu begeistern wusste auch das seit Jahren brillierende Büttduo Klaus Overesch und Michael Wältring als „Klein- und Groß-Berliner“, die das Thema „Fridays für Future“ zugegebenermaßen respektlos, aber deswegen umso witziger und zugespitzter karikierten. Sie vermischten dabei vergnüglich-hintersinnig und munter-großzügig einige ortsbekannte Themen wie „Kunstrasen für den SV Mesum“, „Hochhaus an der Alten Bahnhofstraße“, „Treibhausgas produzierende Bauern in Elte“ und menschliche Ausdünstungen. Ihr Fazit: „Alles kann man doch nutzen, um eine Frittenbude umweltschonend zu betreiben.“ Ein völlig andersgeartetes, „aber wichtiges Problem für die Menschheit“, löste Michael Sunder, nach eigenem Bekennen „das letzte überlebende Bütt-Nachwuchstalent von 1994“, in seiner Büttrede: „Wann ist ein Glas voll, halbvoll und wann leer?“ Wer es nicht verstanden hatte, „darf gern zur nächsten Sitzung wiederkommen.“

Ein Garant für gute Laune: das Duo „Klein-Berliner) Klaus Overesch (l.) und „Groß-Berliner“ Michael Wältring
Michael Sunder als „letztes Nachwuchstalent von 1994“

Die Tanzgarden waren diesem Jahr eine besondere Augenweide: Auffallend in ihrer imponierenden optischen Präsenz auf der Bühne, hervorragend in den tänzerischen und choreographischen Leistungen, sehenswert im sportlichem und akrobatischem Können sowie in ihrer temperamentvollen Leichtigkeit der Darbietungen. Gleich zu Beginn überzeugte die Große Garde mit ihrem neuen Tanzpaar Josy Hüging und Jens Hüls, um dann im Showtanz einen ebenso gekonnten wie rasanten Mix aus Harry-Potter-Bildern und kölschen Karnevalshits auf die Bühne zu zaubern. Gleich 27 junge Tänzerinnen bot erstmals die Jugendgarde auf, die sich als „Engel und Teufel“ zu einer fulminanten Tanzshow in Rot und Weiß vereinigten, an der die Trainerinnen Maike Hüls, Jana Thalmann und Louisa Hüls ihren großen Anteil hatten.

Die neue Große Garde überzeugte in ihrem ersten Jahr auf der Bühne
Ein Bild in Rot und Weiß: die neue Jugendgarde

Jubel und Begeisterung löste das „Männerballett“ mit einem tollen Nachweis dafür aus, dass „Tanz nicht nur Frauensache ist“. Mühelos konnten sie „mit ihren begnadeten Körpern und schwungvollen Fettpölsterchen das Zelt zum Kochen bringen“, lobte Sitzungspräsident Grothues. Trainerin Jana Thalmann hatte ihre Truppe auf sportliche und tänzerische Höchstleistung getrimmt, für die lautstark eine Zugabe eingefordert wurde. Das galt auch für die „Klein-Berliner Starparade“, die in neuer Besetzung und mit einem überarbeiteten Konzept auftrat. Anfangs stieg das Team aus einem Nebel auf, um danach eine zauberhafte, teils atemberaubende Show voller Akrobatik, Comedy, Parodie und fetziger Musik zu bieten, die das Publikum von den Stühlen riss.

Das Männerballett brachte allerbeste Unterhaltung

Zum Schluss gab es eine weitere Überraschung, verbunden allerdings mit einem Schuss Wehmut: Vorsitzender und Sitzungspräsident Martin Hüls, dessen karnevalistische Laufbahn bereits 1993 als Prinz Karneval begann, kündigte seinen Abschied von der Bühne an. Für seine großen Verdienste um den Karneval verlieh ihm Christian Grothues den „Klein-Berliner Narrengold-Orden“. Den und ein Präsent überreichten Ordensvorgänger Martin Becker und Gerrit Stall als Vorsitzender der Feldschützen. Denn beide setzten sich seit Jahren nachhaltig für ein gutes Miteinander der Dorf- und Feldschützen ein.

Ein letztes Helau für Martin Hüls (r.), der von Gerrit Stall und Martin Becker (v.l.) mit dem „Klein-Berliner Narrengold-Orden“ verabschiedet wurde

Seltene Ehrung für ein Goldprinzenpaar

Das komme sehr, sehr selten vor, freute sich am Freitagabend Sitzungspräsident Christian Grothues, dass ein Goldprinzenpaar geehrt werden könne. Dazu holte er Mathilde und Wilfried Winter, die 1970 das Prinzenpaar bildeten, unter großem Beifall auf die Bühne. Als jene regierten, wurde noch im engen Saal Borcharding gefeiert. Mit den beiden kam das Silberprinzenpaar Bärbel und Franzi Beike zur Ehrung. Sie wurden ebenso vom Dreigestirn mit einem Orden und Blumen bedacht wie das Prinzenpaar des Vorjahres, Elke und Andreas Löchte.

Ehrung für die Jubelpaare (v.r.) Mathilde und Wilfried Winter, Elke und Andreas Löchte und Bärbel und Franzi Beike