Mahnrede vom Major Michael Wältring

Mahnrede vom Major Michael Wältring

Am vergangenen Samstag Morgen hielt unser Major Michael Wältring auf dem Alten Friedhof an der Alten Kirche, eine mehr als bewegende Mahnrede. Auf vielfachem Wunsch mehrerer Schützenbrüder veröffentlichen wir diese Mahnrede. Michael Wältring hat uns seine Rede zur Veröffentlichung bereitgestellt. An dieser Stelle sprechen wir im Namen der gesamten Schützenvereinigung unserem Major ein großes Dankeschön aus.
Anbei die Rede:

(Mahnrede/ Gebet zur Gefallenenehrung am 13.08.2017)

Liebe Schützenbrüder,

warum stehen wir hier? … Gefallenenehrung,  Kranzniederlegung in Gedenken an die Opfer von Krieg und Gewalt; eine Mahnung an alle, dass der Frieden ein besonderes Gut ist.

Aber macht das überhaupt noch einen Sinn? Angesichts der vielen Kriegs- und Krisenherde auf der Erde, darf man sich zumindest die Frage stellen, warum ignorieren so viele Menschen diese mahnenden Botschaften? Insbesondere die Großen und Mächtigen – von denen man doch eigentlich ein gewisses Maß an Bildung und Verantwortungsbereitschaft erwarten könnte – warum ignorieren sie die Geschichte mit ihren schrecklichen Fehlern? Warum machen sie eine Politik der Eskalation, Einschüchterung, Hass und Gewalt, warum drohen Sie mit Krieg, warum unterdrücken sie Menschen anderer Hautfarbe, Meinung und Religion, warum rüsten sie auf, warum fördern sie Waffenexporte in Krisenregionen, warum beuten sie in Dritte Welt Ländern nach wie vor skrupellos Menschen und Natur aus?

Und an anderer Stelle stehen diese Politiker mit einem Kranz in der Hand an einem Mahnmal, sprechen große Worte im Scheinwerferlicht von Presse und Öffentlichkeit, Worte von Frieden, Versöhnung und Liebe …. und sie selber haben nicht eines dieser, ihrer eigenen Worte verstanden.

Diese Großen werden aber von den kleinen Leuten wie Du und ich gewählt, bejubelt und unterstützt, so dass sich auch jeder einzelne von uns die Frage stellen muss, wie ernst er die Mahnung der Toten nimmt. Was hat man selbst aus dem Geschichtsunterricht zum Nationalsozialismus und zu den Weltkriegen gelernt, wenn man sich von Parolen zu Arbeitsplatzsicherheit, zu Terrorismus, zur Ausländerproblematik so beeinflussen lässt, dass man alle anderen Werte vergisst.

Also warum sollte es für uns mehr Sinn machen … hier zu stehen? Vielleicht, weil das kein Pflichttermin für uns ist, sondern weil wir uns bewusst dazu entschieden haben. Vielleicht, weil wir mit unseren Waffen nur auf hölzerne Vögel schießen, anstatt auf Menschen. Vielleicht, weil Schützenfest schon immer für uns ein friedliches Fest war. Aber ich glaube noch viel stärker wirkt es, …. dass wir hier als Brüder stehen, dass wir uns auf Augenhöhe einander begegnen. Ob an der Vogelstange, auf dem Festzelt, beim Bier trinken, beim Tanzen, in der Kirche oder hier auf dem Friedhof, wir respektieren einander, egal welcher Hautfarbe und welchen Alters wir sind, ob vom Dorf, Feld oder aus Nachbarorten. Wir feiern gemeinsam, wir helfen einander, wir erinnern uns gegenseitig an Regeln für ein friedliches Miteinander, … wir sind Brüder. Wenn wir es schaffen, das auch nach außen zu tragen, diese Werte mit in den Alltag nach Schützenfest zu nehmen, diese Botschaft vom friedlichen Miteinander, dann macht es Sinn hier zu stehen.

Liebe Schützenbrüder, für die folgenden Worte und für die Kranzniederlegung:
Stillgestanden, Mütze und Helm ab zum Gebet.

Gott, du hast es uns vorgemacht, du hast Dich in Gestalt Deines Sohnes auf Augenhöhe zu uns begeben. Gib uns die Kraft, dass auch wir Menschen uns einander als Brüder auf Augenhöhe begegnen, uns gegenseitig respektieren – unabhängig von Herkunft, Glaube und Geschlecht.

Viele Menschen haben angesichts der vielen Flüchtlinge Angst davor etwas von ihrem Wohlstand und ihrer Freiheit zu verlieren. Gott, gib uns den Mut und die Wachheit, uns gegenseitig immer wieder an genauso wichtige Werte wie Hilfs- und Verantwortungsbereitschaft, an die Nächstenliebe zu erinnern.

Wir möchten nun unserer Soldaten gedenken, die in den beiden Weltkriegen gefallen, die ihren Verwundun­gen erlegen, in Gefangenschaft gestorben oder seither vermisst sind.

Wir gedenken derer, die im Widerstand, die um ihrer Überzeugung oder wegen ihres Glaubens Opfer der Gewaltherrschaft wurden.

Wir gedenken der Männer, Frauen und Kinder, die in der Folge des Krieges, auf der Flucht oder bei der Vertreibung aus der Heimat ihr Leben verloren.

Wir trauern um die Soldaten und Opfer unserer Tage, die in den Friedensmissionen in aller Welt ihr Leben lassen mussten.

Gedenken wollen wir auch unserer verstorbenen Schützenbrüder und aller Toten, die uns nahe standen.

Michael Wältring, Major des Kommandos 2017

für die Schützenvereinigung 1877 Mesum-Dorf e.V.